Artikel: Kaufberatung von Holger Lübben V: 1.0 Teil 3

Für den dritten Teil der Kaufberatung haben wir das Triebwerk und die Vorderachse des E24 auseinandergenommen. Es gibt aber auch eine kurze Rückblende in die letzten beiden Produktionsjahre des 6ers sowie eine aktuelle Ersatzteilpreisübersicht. Zusammengestellt von Holger Lübben und Thomas G. Müller mit Bildern aus dem EWB-Archiv. Auch hier wieder vielen Dank an den EWB-Leser Helge Pätzold für seine umfangreichen Tipps.

Im Jahre 1987 bekam der 6er ein letztes Facelift verpasst und hieß dann 6CS/2. Im Volksmund "US-Version" oder gar "Plastikbomber" genannt sah der Wagen ab jetzt auf der ganzen Welt gleich aus. Wobei die Namensgebung "US-Version" natürlich nicht ganz richtig ist, da sich das Modell in den Staaten genau so viel geändert hatte wie hier in Europa. Zu erkennen ist das letzte Modell in erster Linie an der

geänderten Heckstoßstange die nun Größtenteils in Wagenfarbe gehalten war und bis ganz nach unten reichte. Integrierte Pralldämpfer halfen Schäden bei Kleinstunfällen wie Parkremplern so gering wie möglich zu halten. Nachts verhalfen die neuen DE-Scheinwerfer zu einem besseren Durchblick. Die wichtigste technische Änderung passierte aber unter der Motorhaube. Der 628CSi wurde ersatzlos gestrichen und der 635CSi bekam den Motor mit der DME III wie er schon seit einem

Jahr im E32 verbaut wurde. Dank des moderneren Motormanagements konnte gegenüber des Vorgängermotors eine Leistungssteigerung bei gleichbleibendem Verbrauch erzielt werden. Der 635CSi ohne Katalysator hatte nun 220PS und ein Drehmoment von 315Nm. Der Verbrauch lag mit 5-Gang-Getriebe bei 7,9/9,9/16,8 Litern Superbenzin (95 ROZ). Die Automatikversion lag mit (7,8/9,8/16,9) Litern etwas darunter. Der 635CSi mit Katalysator hatte mit der DMA III sogar erheblich an Leistung zugelegt (211PS/305Nm). Er lag im Verbrauch mit (manuell: 8,2/10,3/17,4 - automatik: 8,0/10,2/17,5) zwar etwas höher wie sein unsauberer Bruder durfte dafür aber mit Normalbenzin (ROZ 91) fahren. Beim heutigen Trend bei Neuwagen Kleinstmotoren einzubauen was zur Folge hat sich die Polo- und Co. Fahrer an der Tankstelle um die Superzapfsäule rangeln müssen kann man dann gemütlich zur freien Benzinsäule durchfahren. Beim M635CSi ohne Katalysator ist man auf Superkraftstoff der Güte ROZ 98 angewiesen. Der Verbrauch wurde 1987 mit (7,8/9,7/16,6) angegeben. Gönnte man sich einen M635CSi mit Katalysator bedurfte es nur noch der Kraftstoffgüte ROZ 95. Hier wurde ein Verbrauch von (8,1/10,1/17,6) angegeben. Wahlweise kann man diesen Motor auch auf Normalbenzin der Güte ROZ 91 umstellen. Eine offizielle Verbrauchsangabe hat es für diese Umstellung nicht gegeben, aber Erfahrungswerte lassen auf etwa 1 Liter Mehrverbrauch je 100 km schliessen. Ab August 1988 wurde allerdings in der Betriebsanleitung der Hinweis eingefügt das der Motor mit dieser Umstellung verhalten gefahren werden muß. Man sollte den Satz also in der Form deuten das bei dieser Betriebsart der Motor akut gefährdet ist und man diese Betriebsart tunlichst vermeiden sollte.
Zur sonstigen Technikentwicklung bleibt noch zu sagen das der 6er ab Ende 1988 auf Wunsch mit einer noch leistungsfähigeren Servolenkung, der Servotronik ausgeliefert wurde und das Verhalten des Fahrwerk gegen Aufpreis per Knopfdruck von innen einstellbar war. Dieses System nannte sich EDC als Kurzform für die weder deutsch noch englische Bezeichnung elektronische Dämpfer-Control.

Auch die rostigen Erfahrungen der letzten Jahre flossen in die Produktion mit ein. Die eigentlich immer rostenden Kotflügel waren ab nun verzinkt und konnten somit nicht mehr rosten. Leider hatte es sich aber wohl nicht bis ins Entwicklungszentrum herum gesprochen das der Rost meistens von unten nach oben arbeitet. So steht ein 6er der letzten Generation zwar optisch eigentlich immer sehr gut da, aber die Bleche darunter können durchaus so aussehen wie ein Schweizer Käse. Winzige Löcher im Unterbodenschutz, hervorgerufen durch Steinschlag und Altersporösität reichen aus und eindringendes Spritzwasser kann unbemerkt seiner Lieblingstätigkeit nachgehen. Die Verwendung von einfachen Kunststoffinnenkotflügeln hätte hier einiges verhindern können.

Im großen und ganzen dürfte ein 6er ab 1987 aber Dank der werksseitig besser gewordenen Konservierungsmethoden und -mitteln heute aber besser erhalten sein wie seine Vorgänger. Trotzdem sollte man auch bei diesen Modellen so früh wie Möglich an eine Erneuerung der Konservierung denken. Zu den Verkaufszahlen: Knapp 8600 6er wurden vom letzten Modell gebaut, davon aber nur ca. 1425 für den weitläufigen europäischen Markt. Im Ausland war der 6er zum Verkaufsende ein richtiger Renner, während er hier in Deutschland heute ebenso selten auf dem Gebrauchtwagenmarkt zu finden ist wie ein gut erhaltener 6er der ersten Generation.

Wichtig beim Kauf zu wissen ist das die letzten 6er serienmässig mit Grüncolorscheiben und einem zweiten Außenspiegel ausgestattet wurden und das die Metallic-Lackierung nur beim Modelljahr 1986 ohne Aufpreis geliefert wurde. Neu beim letzten Modell war das Extra Highline, auch genannt Voll- oder Ganzlederausstattung. Dieses Extra kostete etwa 10% des Basis-6ers und wurde im Preis nur von einem Autotelefon übertroffen. In vielen Verkaufsanzeigen wird fälschlicherweise von einer Vollederausstattung gesprochen - meist ist damit aber nur die einfache Lederausstattung gemeint. Bei einem Highline-6er sind alle sichtbaren Innenraumteile bis auf den Teppich und den Himmel mit Leder bezogen. 1987 war bei Highline auch das Oberteil des Armaturenbrett mit Leder bezogen, dies entfiel jedoch wieder ab dem Modelljahr 1988. In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig zu wissen das das Extra Highline nur in den Farben lotosweiß, silber, natur und ab dem Modelljahr 1989 auch in schwarz lieferbar war.

Immerhin doppelt so teuer wie die normale Lederausstattung war beim 6er das Extra Naturleder Buffalo. In Zusammenhang mit Sportsitzen und Kopfstützen im Fond ist diese strukturierte Ledervariante auch heute noch ein sehr begehrtes Extra.

Viel negatives gibt es über die E24-Motoren nicht zu berichten. Läßt man einmal den S38-Motor außen vor, dann sind sie pflegeleicht und immer für hohe Kilometerleistungen zu haben. Man muß nur 3 ganz einfache Grundregeln beachten: Immer für genügend Öl und Wasser sorgen, nicht überdrehen und so lange die Maschine kalt ist verhalten fahren. Doch gerade diese einfachsten Grundregeln sind auch schon zu viel: Mit einem Durchschnittsalter von 15-20 Jahren gerät der E24 in die Hände von Dritt- und Viertbesitzern die sich zwar gerade noch das Fahrzeug und die anfallenden Kosten für Breitreifen, Benzin, Steuern und Versicherung (in genau dieser Reihenfolge) leisten können - für einen Service oder werterhaltende Maßnahmen hat man aber weder das notwendige Kleingeld noch Zeit und Muße. Beim Motor gilt es als erstes zu prüfen ob sich Schaum am Kühlwasser-Ausgleichbehälterverschluß oder Öleinfüllstutzen befindet. Eine defekte Zylinderkopfdichtung macht sich vielfach durch Ölspuren im Wasser bemerkbar. Die Wartungsfreudigkeit des Vorbesitzers kann man nebenbei noch schnell durch einen Blick auf den ohne Werkzeug erreichbaren Luftfilter prüfen. Dann kommt die Stunde der Wahrheit: Ein intakter und gut eingestellter Motor springt unabhängig von der Temperatur spätestens nach 3-4 Sekunden an und läuft sofort ruhig und gleichmäßig auf allen 6 Zylindern. Auch nach längeren Standzeiten wie z.B. nach der Winterpause sollte es keinerlei Probleme geben. Sobald der Benzindruck aufgebaut ist verrichtet das Aggregat artig seinen Dienst. Beim Anlassen sollte man die Abgase im Auge behalten. Starkes bläuen in dieser Phase deutet auf verschlissene Ventilabstreifringe hin. Bläut es hingegen wenn man im Standgas kurz und ruckartig Gas gibt, dann deutet das eher auf verschlissene Kolbenringe hin. Eine andere Ursache für etwas Ölverlust könnte auch in einer kaputten Ölwannendichtung oder einem undichten Kettenspanner zu finden sein. Während die ersten 635CSi noch des öfteren von verfrühten Zyinderkopfdichtungsausfällen betroffen waren tritt dieser Fehler bei den späteren Motoren eigentlich nur noch bei sehr hohen Laufleistungen oder einer unsachgemäßen Fahrweise auf. Leckende Ventildeckeldichtungen dürften eigentlich überhaupt nicht zu finden sein, da diese bei jedem einstellen der Ventile erneuert werden sollte. Auch dieser Punkt eignet sich gut um die Wartungsfreudigkeit des Vorbesitzers zu prüfen. Während einer Probefahrt, sollten sie unter anderem die Temperaturanzeige im Auge behalten. Nach der Fahrt den Motor laufen lassen und unbedingt gleich wieder einen Blick unter die Haube werfen. Sehr viel Bewegung im Kühlwasserausgleichsbehälter oder Kühlwasserschläuche die so prall gefüllt sind das sie sich nicht mehr zusammendrücken lassen sind untrügliche Zeichen für einen Kopfdichtungsschaden. Treten in einem solchen Fall beim Verkauf Meinungsschwierigkeiten auf, so wird ein Verkäufer mit reinem Gewissen nichts dagegen haben wenn sie den Motor vor dem Kauf in einer Fachwerkstatt prüfen lassen. Bei dieser Gelegenheit sollte man auch gleich die Kompression testen lassen. Möchte man sich einen M635CSi zulegen, so sollte auf einen Motortest noch mehr Wert legen, da das Vierventiltriebwerk sehr empfindlich auf falsche Behandlung reagiert. Möchte man sich ein solches Fahrzeug für einen längeren Zeitraum und dann womöglich auch noch aus der oberen Preiskategorie anschaffen so ist hier vor dem Kauf die Überprüfung durch einen Experten unumgänglich.

Sehr häufig werden in letzter Zeit Leistungssteigerungen per Microchip angeboten. Diese Bauteile sind in den meisten Fällen eigentlich nur ein Thema für Herrn Zimmermann in seiner Rubrik "Nepper, Schlepper, Bauernfänger", da mit viel Geld zwar ein höherer Benzinverbrauch aber keine nennenswerte Leistungssteigerung erkauft wird. Angaben nach dem Motto "Der Einbau bewirkt eine Mehrleistung von bis zu ... PS" sprechen für sich selbst. Beim Chiptunig gilt das gleiche wie bei jedem Motortuning - vom Verkäufer getätigte Aussagen darf man erst ernst nehmen wenn sie Hieb- und Stichfest durch ein Leistungsprüfstandsdiagramm belegt werden das eigens für das zu verkaufende Fahrzeug erstellt wurde.

Ein E24 ist im Straßenverkehr sehr leicht zu Handhaben und verlangt dem Lenker nicht allzu viel fahrerisches können ab. Schon nach sehr kurzer Eingewöhnungszeit weiss man wie das Fahrzeug in kritischen Situationen reagiert und kann auch diese intuitiv meistern. Dies kann natürlich nur dann gelingen wenn die vielen ineinadergreifenden Komponenten von Vorderachse, Lenkung und Hinterachse in Ordnung sind.

In Bild 2 haben wir einmal die wichtigsten Komponenten der Vorderachse beschriftet. Durch ein wenig Aufmerksamkeit können viele Fehlerquellen schon während einer kurzen Probefahrt erkannt und zugeordnet werden

Bild 2 Die Vorderachse des E24 ab 1982
A: Stabilisator
B: Druckstange
C: Spurstange links
D: ABS-Sensor
E: Strebe
F: Spurstange mitte
G: Pendelstütze / Koppelstange
H: Federbein links
I: Bremsschlauch und -sattel
K: Querlenker
Sehr typisch beim 6er ist ein flatterndes Lenkrad bei einem Bremsvorgang im Bereich von 80 - 100km/h. Vielfach wird dafür den Bremsscheiben die Schuld gegeben, doch dies kann nicht die Ursache sein, da das flattern dann in jedem Geschwindigkeitsbereich auftreten würde. Fast immer sind es ausgeleierte Gummilager in den Druckstangen (B) die dieses Symptom verursachen. Die Gummilager leiden im Alltagsbetieb enorm da sie bei jedem Schlagloch- oder Bordsteinkontakt den direk-ten Kraftfluß bis in den Längs-holm unterbrechen, und somit ein Verbiegen der Achsgeometrie verhindern. Auch beim scharfen Bremsen werden diese Lager strapaziert. Treten deutliche Knacks- und Klackgeräusche beim rangieren auf, so ist die Ursache entweder in einem defekten vorderen Federbein oder verschlissenen Koppelstangen (G) zu suchen. Leider kann ein solches Geräusch aber auch ein defektes Lenkgetriebe bedeuten. Der beste und härteste Test für die Lenkung ist es im Stand das Lenkrad von rechts nach links und umgekehrt durchzudrehen. Dies sollte man sowohl mit als auch ohne laufenden Motor einmal durchführen. Die Spurstangenköpfe sind ein weiterer hoch beanspruchter Teil der Lenkung. Breite Reifen, Rangierbewegungen und hohe Kurvengeschwindigkeiten fordern ihren Tribut. Da kann es schon mal vorkommen das mehrere milimeter Spiel auftreten. Ein Teil des Spiels kann man schnell selbst testen. Ein-fach zwischen den Auspuffrohren hindurch nach dem Kugelkopf greifen und versuchen den Hebel vertikal zu bewegen. Auf der Probefahrt auch ruhig mal eine holperige Wegstrecke wählen. Sollten dabei von hinten Geräusche kommen als wenn jemand mit dem Hammer unter den Wagen haut, dann sinds garantiert die Silentlager des Hinterachsträgers die Ihren Geist aufgegeben haben. Bei jeder harten Pendelbewegung schlägt der Träger dann an den Unterboden. Diese Silentbuchsen sind übrigens der Schrecken eines jeden Hobbybastlers. Da wird dann mühsam mit Hammer und Meißel das alte stahlgefasste Lager herausgetrieben. Andere Quellen berichten von abenteuerlichen Versuchen das Gummi mit einem Bunsenbrenner herauszuschmelzen. Bis zu vier Stunden sollen sich Bastler schon mit dem entfernen einer einzigen dieser Buchsen herumgequält haben. Nicht so mit dem richtigen Werkzeug. Innerhalb von 20 Minuten kann ein einigermaßen geübter Geselle beide Buchsen ohne grössere Kraftanstrengung erneuern. Der Trick ist ein speziell angepasster Abzieher. Solche Spezialwerkzeuge sind in der Anschaffung meist aber sehr teuer und können oftmals nur für einen einzigen Wagentyp verwendet werden. Daher wird eine Werkstatt bei Anwendung eines solchen Werkzeuges immer einen deutlich erhöhten Stundenlohn verlangen. Am besten überprüft man die Lager der Achsen auf einer Hebebühne mit Hilfe eines Montierhebels. Nicht vergessen sollte man dabei die Radlager. Diese werden gerne übersehen. Wird das Spiel zu groß, wird die Spitze des ABS-Sensors vom rotie-renden Zahnkranz abgeschliffen und das ABS fällt aus, weil die Impulszählung nicht mehr stimmt. Übrigens kostet so ein ABS-Sensor 82 Euro. Da lohnt es sich schon mal das Radlagerspiel regelmäßig zu prüfen. Die Fortsetzung folgt in Ihrer EDITION-WEISS-BLAU-Ausgabe.


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