Kaufberatung von Holger Lübben V: 1.0An dieser Stelle findet Ihr den ersten Teil der BMW 6er-Kaufberatung die im Printmagazin
Edition-Weiss-Blau
Nr.111 erschienen ist. Mein besonderer Dank geht an den Autor Holger Lübben
(www.6ercoupe.de), der
seinen Artikel hier zur Verfügung stellt.In den EWB-Ausgaben
105 bis 107 haben wir einmal versucht die Geschichte des E24 so ausführlich
wie möglich wiederzugeben. Jetzt wird es Zeit für die Gegenwart
und eine Kaufberatung. Basis dieses Berichtes ist die Kaufberatung von
Rolf Hendrischke aus dem Jahre 1995, die in der EWB Nr. 63 veröffentlicht
wurde. Zusammengestellt und erweitert von Holger Lübben und Thomas
G. Müller mit Bildmaterial aus dem EWB-Archiv. Vielen Dank für
die umfangreichen Tipps des EWB-Lesers Helge Pätzold.
Wenn man mit dem Gedanken
spielt sich einen 6er zu kaufen, dann wird man zunächst zwecks Marktorientierung
diverse Kleinanzeigen studieren.Und schon für
das Lesen dieser Kleinanzeigen sind ein paar Ratschläge von nöten.
Achten Sie einmal darauf - Fast immer wird in diesen Kleinanzeigen ein
6er nur von Liebhabern in tadellosem, rostfreien Zustand und selbstverständlich
auch immer mit Vollausstattung angeboten - oder vielfach auch mit "Alle
Extras außer Leder, Vollrestauriert". Doch bei solchen Anzeigen
ist äußerste Vorsicht angesagt. Ein 6er war im Vergleich zu
anderen Fahrzeugen schon in der Grundausstattung üppigst bestückt
und wer vorher nur Golf gefahren ist der mag angesichts von "elektrischen
Fensterhebern, Alufelgen, Servolenkung und Drehzahlmesser" ja schon
an eine Vollausstattung denken. Diese und ähnliche Extras konnte
man beim E24 aber gar nicht verhindern - sie waren im Basispreis inbegriffen.
Ein 6er, der wirklich alle aufpreispflichtigen Extras an Bord hatte und
sich somit "vollausgestattet" nennen darf ist mir in Deutschland
noch nicht begegnet. Das ist auch nicht weiter verwunderlich wenn man
bedenkt das man sich seinerzeit anstelle von allen für den E24 lieferbaren
Extras auch einen größeren Zweitwagen zulegen konnte. Wenn
jemand eine wirklich teure Restaurationen durchgeführt hat um den
Wert eines Wagens zu steigern, so wird er die Belege dafür aufbewahrt
haben und abschließend ein Wertgutachten erstellt haben. So etwas
kann man sich zeigen lassen. Denn eine wirkliche Vollrestaurierung ist
beim 6er nicht für 15.000 Euro durchzuführen - oder sie wäre
nicht notwendig gewesen. Wenn man auf irgendwelche Unstimmigkeiten stößt
so wird man gerade in der 6er-Szene vom Verkäufer immer wieder Sprüche
nach folgendem Motto hören: "Dieses Extra wurde nur in zwei
6ern verbaut. Beide Fahrzeuge waren eine Sonderanfertigung für Herrn
... in den USA. Und nur weil die Cousine meiner Tante diesen Herrn so
gut kannte haben wir den Wagen vor einem halben Jahr dann so kaufen können".
Ob es nun angeblich originale Perleffekt-Farben, andere Sonderlacke oder
sonstige Extras sind. Alles wird mit ungefähr dieser Masche begründet.
Als Käufer hat man 2 Möglichkeiten. Entweder lässt man
sich diese Aussagen Hieb- und Stichfest beweisen oder - und das ist die
bessere Möglichkeit - man begibt sich schleunigst wieder auf den
Heimweg. Für alle Fahrzeuge ab etwa Mitte 1982 kann man sich solche
Beweise übrigens auch bei BMW holen. Die Mobile Tradition kann Anhand
der Fahrgestellnummer das exakte Produktionsdatum, die genaue Ausstattung
incl. der Farbkombination und den Händler angeben an den das Fahrzeug
ausgeliefert wurde. Für Fahrzeuge vor 1982 ist eine Recherche nur
bedingt möglich. Bei einem Kauf sollte man sich in diesem Falle von
einem Fachmann beraten lassen wenn einem solche Sprüche aufgetischt
werden.
Zurück zur Ausstattung.
Das Fehlen von einigen Extras muss nun aber keineswegs heißen das
angebotene Fahrzeug schlecht ist. Auch weniger gut ausgestattete Fahrzeuge
haben ihren Reiz und man darf schließlich auch nicht vergessen das
mehr Extras erhöhten Serviceaufwand erfordern und somit unterm Strich
auch mehr im Unterhalt kosten. Frei nach dem Motto "Was nicht drin
ist kann auch nicht kaputtgehen". Man sollte bei einer etwaigen Besichtigung
eines Fahrzeuges aber darauf achten ob eventuell schon bei der Beschreibung
der Ausstattung übertrieben wurde.Und wenn dem so ist - wie mag es denn wirklich um den gepflegten Liebhaberzustand
bestellt sein? Wurde vielleicht auch hier übertrieben? Soll hier
nur eine schnelle Mark gemacht werden? Hat der Verkäufer überhaupt
Ahnung von was er redet? Auf jeden Fall fährt man als potentieller
Coupé-Käufer besser wenn man sich vorher gut über die
stärken und schwächen des 6ers informiert hat um beim Kauf ein
paar gute Argumente zur Hand zu haben. Das spart vielleicht nicht nur
viel Geld sondern - und das ist viel wesentlicher - vielen nachträglichen
Ärger. Oftmals ist dann ein Auto für 10.000 Euro günstiger
wie eines für 7.500 Euro.Als erstes muss man
sich darüber im klaren sein was es für ein 6er sein soll. In
den 13,5 Produktionsjahren wurden für den weltweiten Markt immerhin
66 verschiedene Grundmodelle angeboten. Und für jedes Grundmodell
gab es mindestens 20 aufpreispflichtige Extras. Somit dürfte wohl
jeder E24 irgendwie "einzigartig" sein. Was wird also genau
gesucht? Soll man auf Sammlerwert spekulieren und sich ein ganz frühes
Exemplar mit Karmann-Plakette anschaffen? Will man bei der Ersatzteilsuche
auf der sicheren Seite sein und deshalb soll es ein relativ häufiges
Modell wie der 635 CSi werden? Legt man mehr Wert darauf was andere Leute
von einem denken und muss sich deswegen ein paar mehr-PS, also z.B. ein
Alpina-Turbo-Coupé anschaffen? Achtet man auf die Unterhaltskosten
und sucht ein Modell mit Katalysator oder möglichst wenig Hubraum?
Oder fährt man lieber bequem und luxuriös und möchte daher
keine Sportsitze sondern 2 Klimaanlagen, einen Tempomat und Airbag?
Für jeden Wunsch
oder Geschmack gibt es eine Lösung. Auf dem deutschen Markt kann
man ganz grob zwischen vier 6er-Versionen unterscheiden. Diese haben wir
in der Reihe "25 Jahre 6er-Coupe" schon ausführlichst beschrieben.
Da die beiden ersten Teile der Kaufberatung aber bereits nicht mehr lieferbar
sind möchten wir hier die wichtigsten Unterscheidungsdetails noch
einmal wiederholen, bevor wir zu den Problemzonen des jeweiligen Coupé-Typs
übergehen. Mit Hilfe dieser Unterscheidungsmerkmale ist es möglich
das Baujahr eines 6er-Coupes auf 1-2 Jahre genau zu bestimmen ohne den
Besitzer um Auskunft fragen müssen. Anzumerken wäre noch das
es sich bei fast allen zeitlichen Angaben um Produktionsdaten handelt
die nicht unbedingt mit Verkaufszeiträumen oder gar Zulassungsdaten
übereinstimmen. Viele Fahrzeuge wurden aus verschiedensten Gründen
gar erst 3 Jahre nach der Produktion zugelassen. Dies betrifft insbesonders
die letzten Exemplare einer jeweiligen Serie. Es ist also Vorsicht beim
Kauf geboten. Anhand der Erstzulassung kann man nicht immer auf das Modell
zurückschließen. Aber jeder BMW-Händler kann Anhand der
Fahrgestellnummer zu jedem Fahrzeug (auch vor 1982) das genaue Produktionsdatum
angeben. Bei der Ermittlung von Verbräuchen setzt so ziemlich jede
Fachzeitschrift ein anderes Messverfahren an, und deshalb haben wir in
diesem Bericht die Normverbrauchsangaben aus den jeweiligen Originalbetriebsanleitungen
der Fahrzeuge zitiert. BMW merkt bei diesen Angaben aber auch immer an
das der Normverbrauch keineswegs mit dem Durchschnittsverbrauch übereinstimmen
sein muss, da dieser von Faktoren wie Fahrweise, Belastung, Straßenzustand,
Witterung und ähnlichem abhängt.
Version eins: Der
Karmann-6er. Produziert wurden von Oktober 1975 bis September 1977 exakt
9800 Exemplare für den weltweiten Markt. Es gab für den deutschen
Markt eine Variante mit Solex-Doppelregistervergaser, 2966ccm und 185PS
sowie eine Variante mit L-Jetronic Einspritzanlage, 3188ccm und 200PS.
Äußerlich sind beide Modelle identisch. Den Karmann-633CSi
kann man neben dem anderen Motor nur noch daran erkennen das er im Gegensatz
630CS ein Lederlenkrad und einen Lederschalthebelknopf hat.Eine
Zentralverriegelung gab es für diese Modelle noch nicht. Während
die elektrischen Fensterheber im Fond serienmäßig vorhanden waren
wurde man für den gleichen Luxus an den vorderen Scheiben noch einmal
zur Kasse gebeten. Die Schalter für die Fensterheber hatten beim Karmann-6er
einen Chromrand und das Seriengestühl war mit einer Leder-Stoff-Kombination
bezogen. Eine Lederausstattung war gegen Aufpreis erhältlich. Die hinteren
Kopfstützen waren im Grundpreis enthalten. Neben vielen anderen Details
im Innenraum waren auch die dreieckigen Füße der beiden Außenspiegel
verchromt - den rechten Spiegel musste man aber zusätzlich ordern.Bis etwa April 1977
waren die Scheibenwaschdüsen noch nicht auf der Haube montiert, sondern
lugten als kleine Metallröhrchen durch die Lüftungsgitter. Im
ersten halben Jahr war der 633CSi im Gegensatz zum 630CS nur als Schaltwagen
erhältlich. Die Automatik konnte erst einige Zeit nach Serienanlauf
bestellt werden. Das gleiche gilt für das Schiebehebdach, nur das
dieses zunächst für keines der beiden Modelle lieferbar war.
Ein weiteres wichtiges Erkennungsmerkmal dieser 6er-Generation ist die
Karmann-Plakette an der A-Säule der Fahrerseite, die neben dem Farbcode
des Wagens auch noch die Nummer der Karosserie enthält.
Feind Nummer eins
dieses 6er-Typs ist zweifelsohne der Rost, der schon weit über 90%
der 9800 produzierten Fahrzeuge dahingerafft hat. Es kann an ziemlich
jeder Stelle rosten. Schuld an dieser Miesere ist die mangelnde Hohlraumkonservierung
ab Werk. Wobei man nun nicht - wie vielfach getan - unbedingt nur Karmann
die Schuld in die Schuhe schieben sollte. Es ist ein allgemeines Problem
und bei gleichwertigen und gleichalten Fahrzeugen anderer Hersteller sieht
es nicht viel besser aus. Daher ist ein Karmann-6er gründlichst unter
die Lupe zu nehmen. Scheuen sie sich vor dem Kauf z.B. nicht davor die
hinteren Sitze herauszunehmen um einen Blick auf die inneren Radläufe
werfen zu können. Das gleiche gilt für die Kofferraummatten.
Auch die Schweller und die vorderen Kotflügel sind bekannte Problemzonen.
Weiter geht es bei den Kotflügelauflagen, Federbeindomen, Türkästen,
Heckschürzen, Falze in Motorhaube und Heckklappe, Träger im
Motorraum, Batterieaufnahmen, Seitenhalterungen der Stoßstangen
und dem Scheibedach um nur einige wesentlich Punkte zu nennen.Das
zweite große Problem dieser Fahrzeuggeneration ist erst auf den zweiten
Blick sichtbar, wirkt sich aber noch viel gravierender aus. Denn leider
ist BMW im Gegensatz zu 2 anderen deutschen Herstellern von Luxusautomobilen
nicht in der Lage, das eigentlich noch so junge 6er-Coupe vollständig
mit gängigen Ersatzteilen zu versorgen. Das gilt nicht nur für
die frühen Exemplare, sondern auch schon für 6er der Baujahre
1988 oder 89. Besonders was Teile der Innenausstattung oder äußere
Zier- oder Chromleisten betrifft herrscht teilweise absolute Ebbe im Lager.
Beim 6er der ersten Generation schmerzt insbesonders das die serienmäßig
braun getönte Windschutzscheibe nicht mehr lieferbar ist.Gerne zerbrechen auch
die Armstützenoberteile an den Türen und auch der Kunststoff
auf den Deckeln für die Fächer auf der Hutablage löst sich
mit der Zeit vom Metall. Bei vielen Ausstattungsfarben ist hier kein Ersatzlieferbar.
Auch wenn man die empfindlichen Kunststoffverkleidungen im Kofferraum
durch Neuteile ersetzen möchte kehrt man mit leeren Händen vom
BWM-Händler heim. Daher sollte man schon beim Kauf darauf achten
das im Innenraum alles Tip-Top ist. Das BMW zumindest Ansatzweise versucht
ein bisschen Licht in dieses Dunkel zu bringen zeigt das die seit vielen
Jahren nicht mehr lieferbaren Chromecken für die vorderen Stoßstangen
seit kurzem wieder verfügbar sein sollen. Für andere nicht mehr
lieferbare Teile wird auf fast baugleiche Komponenten neuerer Fahrzeuge
verwiesen. Doch ein Karmann-6er ist eben nur Original wenn die BMW-Embleme
auf den Hauben eine geprägte Oberfläche aufweisen und die richtigen
Kotflügel und Schaltknäufe montiert sind - All diese Teile sind
eben nur fast Baugleich zu neueren Teilen.
Weitere gängige Probleme, die sich über alle 6er-Generationen
hinweg ziehen, werden später in dieser Kaufberatung abgehandelt.
Um ein gut erhaltenes Exemplar dieses ersten 6er-Typs mit geringer Kilometerlaufleistung
zu bekommen muss man zwar lange suchen, aber hin- und wieder wird noch
ein Fahrzeug angeboten. Leider handelt es sich dabei aber schon recht
oft um Fälschungen, so das ein genaues Hinsehen erforderlich ist.
Soll es ein Sammlerstück werden so würde ich im Zweifelsfall
sogar ein Gutachten empfehlen.Laut BTA von 1976
hat der 630CS einen Kraftstoffnormverbrauch von 11,4 Liter auf 100km,
sein großer Bruder kommt Dank der Einspritzanlage mit 11,0 Liter
aus. Der zu tankende Kraftstoff muss einen Mindest-Oktanwert von 98ROZ
haben. Nachrüst-Katalysatoren werden in Deutschland für diese
Fahrzeuge nicht angeboten. Und es wird sich wahrscheinlich auch nicht
rechnen z.B. den 633CSi mit dem US-Katalysator nachzurüsten, der
dort schon sehr früh serienmäßig vorhanden war. Speziell
beim Karmann-6er rückt die magische 30-Jahres-Grenze schnell näher,
ab der ein Fahrzeug nicht per Kat sondern per Gesetz weniger Abgase erzeugt.
Und hat der Wagen erst einmal eine historische Zulassung, so kann man
es sich vom Unterhalt her aussuchen ob man den neu angekündigten
6er oder vielleicht doch lieber das Original fahren möchte. Fortsetzung
folgt.Hier könnt Ihr den
Artikel herunterladen: BMW
6er Kaufberatung Teil1 (ca. 90Kb)